Warum du Crunches und Situps nach der Schwangerschaft vermeiden solltest – und was du stattdessen tun kannst

Veröffentlicht von Peter Sich am

Beispiel für Übungen nach der Schwangerschaft, die besser sind als Situps nach der Schwangerschaft

Warum du Situps und Crunches nach der Schwangerschaft vermeiden solltest – und was du stattdessen tun kannst

Immer wieder erlebe ich, dass Frauen in der Rückbildungsphase mit Übungen nach der Schwangerschaft starten, die für sie eigentlich komplett ungeeignet sind. Ich spreche hier von den bekanntesten Bauchmuskelübungen, nämlich Crunches und Situps.

Um es einmal direkt klar zu sagen:

Crunches und Situps nach der Schwangerschaft sind kontraproduktiv und haben in der Rückbildung nichts zu suchen.

Wenn ich das in meinen Kursen sage, ernte ich oft erstaunte Blicke. Denn immerhin geht es ja vielen auch darum, wieder einen schönen Bauch zu bekommen.

Und offenbar hat es sich bei vielen von uns tief eingebrannt, dass Crunches und Situps die einzig wahren Bauchmuskelübungen sind. Klar: Sie sind scheinbar einfach auszuführen, sie werden vielfach in Fitnesskursen und Online-Workouts praktiziert und in Ratgebern empfohlen. Aber ich verrate dir jetzt zwei Geheimnisse – die eigentlich keine sein sollten:

  1. Crunches halten nicht, was sie versprechen.
  2. Nach der Schwangerschaft solltest du auf Crunches und Situps komplett verzichten.

Denn tatsächlich können diese Crunches und Situps eher schaden als nutzen. Warum das so ist und welche Übungen du alternativ machen kannst, erkläre ich in diesem Artikel.

Das Problem mit Crunches und Situps nach der Schwangerschaft

Um die Problematik besser zu verstehen, müssen wir etwas in die Tiefe gehen.

Den Kern eines sinnvollen Trainings nach der Schwangerschaft bildet die Core-Stabilität.

Als Core bezeichnen wir grob gesagt die Körpermitte, also den Rumpf bzw. den Bauchraum. Nach oben wird er durch das Zwerchfell begrenzt, hinten durch die Wirbelsäule und die Rückenmuskulatur, an den Seiten und vorne durch die Bauchmuskulatur. Unten befindet sich der Beckenboden.

In unserem Bauchraum wirkt ständig ein gewisser Druck. Das ist auch gut so, denn dieser Druck stabilisiert unter anderem unsere Wirbelsäule.

Bei Bewegungen und Aktivitäten kommt es in der Regel zu einem Druckanstieg im Bauchraum. Wie intensiv und von wo dieser wirkt, hängt von der genauen Bewegung und vor allem auch von der Körperhaltung ab.

Dein Core im Training nach der Schwangerschaft

Eine Frau im roten Kleid hält sich einen rosa Ballon vors Gesicht, auf den ein lächelndes Gesicht mit geschlossenen Augen gemalt ist. Denn der core unseres Körpers lässt sich mit einem Luftballon vergleichen, deshalb eignen sich SItups nicht als Übungen nach der Schwangerschaft

Stell dir deinen Core vor wie einen Luftballon.

 Wenn du den Luftballon zum Beispiel von oben drückst, wölbt sich der Luftballon eher nach unten und zu den Seiten aus. Ein gesunder starker Core ist in der Lage, auf diese Druckerhöhung adäquat und reflektorisch zu reagieren.

Aber jetzt kommt’s: Generell geht der Druck immer in die Richtung des geringsten Widerstands.

Vor allem nach der Schwangerschaft ist das aber ein Problem.

Denn nach einer Schwangerschaft sind die verschiedenen Muskeln dieses Coresystems geschwächt, ihr Zusammenspiel ist aus dem Gleichgewicht. Dabei ist unsere Rückseite mit der Rückenmuskulatur und der Wirbelsäule sowie das Zwerchfell weiterhin eher stark.

Der Druck wirkt deshalb in der Regel mehr nach unten auf den Beckenboden oder nach vorne auf die gerade Bauchmuskulatur und die Linea alba, also das Bindegewebe zwischen den geraden Bauchmuskeln.

Das hat verschiedene Gründe. Nach der Schwangerschaft sind die Bauchmuskeln verlängert, eventuell besteht eine Rektusdiastase, der Beckenboden hat 9 Monate lang mehr Gewicht tragen müssen. Bei einer vaginalen Geburt wurde er zusätzlich auch noch stark nach unten und außen gedehnt. Das Zwerchfell wurde in der Schwangerschaft nach oben geschoben.

Zudem sind Muskeln, Sehnen und Bänder durch die Schwangerschaftshormone aufgelockert und weicher. Deshalb ist das Verletzungsrisiko höher. Die Rückbildungsphase kann von einigen Monaten bis zu zwei Jahre anhalten. Das gilt vor allem, solange du stillst, denn dann ist dein Gewebe insgesamt noch weicher.

Unabhängig vom Geburtsmodus ist es deshalb super wichtig, dass wir nach der Schwangerschaft unser Coresystem wieder aufbauen und stärken, um Beschwerden oder Spätfolgen zu vermeiden.

Crunches und Situps nach der Schwangerschaf können schädlich sein

Okay, magst du jetzt denken, dann ist es doch sinnvoll, gezielt die Bauchmuskeln zu trainieren. Also warum sollen Crunches und Situps jetzt so schlecht sein?

Zunächst mal: Weil es nicht viel Sinn macht. Denn Crunches und Situps sind keine funktionellen Übungen. Mit ihnen trainierst du nämlich deine geraden Bauchmuskulatur ziemlich isoliert. Damit erhöhst du aber nicht die Funktionalität, denn ein solches Training spiegelt nicht die Bewegungsabläufe wider, die deine Bauchmuskulatur im Alltag ausübt. Nur weil wir eine Bewegung ausführen können, heißt das nicht, dass das auch Sinn macht oder dass wir das trainieren müssen.

Crunches und Situps können aber sogar schädlich sein. Denn bei allen aufrollenden Übungen – also solchen, bei denen wir unseren Rippenbogen näher an unser Becken bringen – kommt es in unserem Bauchraum zu einer übermäßigen Druckerhöhung.

Und dieser Druck geht vor allem auf den Beckenboden sowie die geraden Bauchmuskeln und die Linea alba. Dadurch wird der Bauch nach vorne rausgeschoben, die Organe und der Beckenboden nach unten gedrückt.

Das gilt vor allem, wenn die Übung unsauber ausgeführt wird oder dir die richtige Verbindung zu deinem Core fehlt.

Nun sind diese Areale aber durch die Schwangerschaft besonders geschwächt und ihr Zusammenspiel ist meist noch nicht vollständig gewährleistet.

Eine übermäßige Belastung durch die falschen Übungen kann zu nachhaltigen Problemen führen. Sie wirkt belastend auf Wirbelsäule, Bandscheiben und Rippengelenke, kann eine Rektusdiastase, eine Organsenkung, Inkontinenz oder eine Beckenbodendysfunktion hervorrufen oder verstärken.

Und eine nachhaltige Schädigung der betroffenen Muskelgruppen wirkt sich gleich doppelt aus, denn sie bilden das Fundament für einen gesunden Core und damit für deine Stabilität und dein Wohlbefinden. Sind sie geschädigt, können sie ihre Aufgaben im Core-System aber nur noch unzureichend erfüllen.

Keine gute Idee: Crunches nach der Schwangerschaft

Außerdem sollten wir nicht vergessen: Wir sind forever postpartum!

Die Veränderungen durch die Schwangerschaft wirken noch lange nach und falsche Belastungen können die entsprechenden Muskelgruppen und Systeme auch später noch nachhaltig schädigen. Das kann dazu führen, dass neue Beschwerden entstehen oder überwunden geglaubte wieder auftauchen.

Deshalb ist es wichtig, nach der Schwangerschaft durch eine gute Rückbildung zunächst das gesamte Core-System und dabei vor allem die Tiefenmuskulatur, aber auch den restlichen Körper zu stärken.

Wenn das geschafft ist, kannst du langsam fortgeschrittenere Übungen (wie z.B. frontale Planken oder Hebelübungen) integrieren. Crunches und Situps sollten aber eher nicht dazugehören. Ich persönlich verzichte nach meinen beiden Schwangerschaften voll und ganz auf Crunches und Situps.

Ein flacher Bauch nach der Schwangerschaft

Zum Abschluss habe ich noch eine richtig gute Nachricht für dich:

Wir brauchen keine Situps und Crunches, um einen schönen Bauch zu bekommen. Denn es gibt tausende tolle funktionelle Bauchmuskelübungen, die gerade für uns Frauen sehr viel effektiver, sicherer und somit besser geeignet sind als Crunches und Situps.

Denn anstatt die geraden Bauchmuskeln isoliert zu trainieren, sprechen wir mit funktionellen Übungen das gesamte Coresystem an. Und ein gesunder Core sieht eben auch “besser” aus.

Wenn du schon einen Kurs bei mir gemacht hast, dann weißt du, dass es bei mir nicht darum geht, irgendwelchen Schönheitsidealen hinterherzujagen. An erster Stelle steht bei mir, gesund zu werden, zu regenerieren und so das Wohlbefinden zu steigern. Aber ich weiß auch, dass für viele Frauen ein flacher Bauch sehr wichtig ist und somit erheblich zum Wohlbefinden beiträgt.

Wenn du nach der Schwangerschaft wieder einen flacheren Bauch haben möchtest, solltest du also deine Tiefenmuskulatur stärken.

Das meint beim Bauch insbesondere den M. transversus abdominis. Der wird nicht ohne Grund manchmal als Korsettmuskel bezeichnet: Er verläuft von der Wirbelsäule einmal um deinen Bauch herum und schnürt, bei entsprechendem Training, deine Taille enger.

Zusammenfassung

  • Crunches und Situps erzeugen übermäßigen Druck im Bauchraum
  • Das ist eine große Belastung für die noch geschwächte Bauchmuskulatur, das Bindegewebe, die Bandscheiben und die sternalen Rippengelenke
  • Das kann eine ungünstige Haltung, eine Rektusdiastase oder eine Organsenkung hervorrufen oder verstärken
  • All das gilt unabhängig vom Geburtsmodus
  • Crunches sind nicht funktionell oder physiologisch
  • Trainiere für einen flachen Bauch die Tiefenmuskulatur

Alternativen: Sinnvolle Übungen nach der Schwangerschaft für deinen Bauch

Hier zeige ich dir drei Übungen für deinen Bauch nach der Schwangerschaft, die in der Rückbildungsphase sinnvoll sind. Sie sind auch beim Vorliegen einer Rektusdiastase geeignet. Deine Geburt sollte nach einer spontanen Entbindung mindestens 6 bis 8 Wochen zurückliegen, bei einem Kaiserschnitt solltest du 8 bis 12 Wochen warten, bevor du mit dem Training beginnst.

Wenn du auf der Suche nach einem entsprechendem Kurs bist, findest du hier meinen Aufbaukurs „Grow Back Stronger“. Der Kurs ist eine Kombination aus Livestunden, Workshops und Streaming-Angebot, in dem wir intensiv und gezielt deinen Core, aber auch alle anderen Muskelpartien trainieren, um typischen Problemen und Beschwerden zu begegnen.

Über mich

Lena Sich Portrait

Hi, ich bin Lena.

Als Hebamme unterstütze ich Frauen und Eltern während und nach der Schwangerschaft. In meinen Kursen verfolge ich einen ganzheitlichen Ansatz, der neben hebammen- und sportwissenschaftlichen Erkenntnissen auch Techniken aus dem Yoga mit einbezieht. So startest du gestärkt in dein neues Leben als Mama.

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